am Freitag, 25. September 2009, 19:10 im Topic 'Zwischennetz'
In London sind die alten Viktorianischen Wasserleitungen größtenteils verrottet. Stück für Stück müssen sie ersetzt werden. Neulich bekamen wir deshalb einen Brief von der Verwaltung unseres Boroughs.
"Sehr geehrter Herr XY,
leider ist es uns nicht möglich, die Transportkapazität der Wasserleitungen so zu erweitern, daß Sie ebenfalls an der Trinkwasserversorgung angeschlossen bleiben können. Wir bitten um Ihr Verständnis, daß die Versorgung der Industrie Vorrang hat. Wir bieten Ihnen im Gegenzug an, daß Sie nach dem Abstellen der Wasserzufuhr im Juni 2010 montags und freitags sich 1.5 l Flaschen Evian im Rathaus (Volvic-Flügel, 2. UG, Zi 418) abholen können. Andere Marken sind von der Lieferung aufgrund der Vereinbarungen mit Danone ausgeschlossen.
Mit freundlichen Grüßen
Ihre XX"
Hört sich irrwitzig an? Habe ich mir auch ausgedacht. Dennoch könnte ähnliches für die Verteilung von Informationen im Internet bald gesetzlich geregelt sein. Während in den USA in naher Zukunft die Netzneutralität gesetzlich festgeschrieben werden soll, könnte diese nach Angaben von netzpolitik.org demnächst in Europa abgeschafft werden. Der dritte Vermittlungsausschuß zum EU Telekom-Paket tagt vermutlich schon Anfang Oktober am 28. September zum ersten Mal. Dieser könnte die Aufhebung der Netzneutralität und das Einführen einer Three Strike Regelung nach französischem Vorbild in der Gesetzesvorlage verankern.
Что делать? (Lenin)
Zum einen gibt es eine Online-Petition, die man unterzeichnen kann. So richtig zufrieden bin ich mit dieser nicht, weil sie anfragt statt zu fordern und wir wissen, welchen Einfluß derartige Petitionen auf die politische Meinungsbildung der von den Leyens haben. Andererseits bieten viele Unterschriften Argumentationshilfen für gewillte Politiker und man sieht, wievielen Leuten tatsächlich solche Themen wichtig sind.
Zum anderen sind die vier deutschen EU-Abgeordneten namentlich bekannt:
Matthias Groote (SPD)
Angelika Niebler (CDU)
Silvana Koch-Mehrin (FDP)
Herbert Reul (CDU)
Die darf man gerne anschreiben und Ihnen verdeutlichen, wie wichtig der freie Informationszugang für uns Europäer und die demokratischen Prozesse sind. Als Argumentationshilfe kann man die offiziellen Parteipositionen von FDP, SPD und CDU zu Netzneutralität und Three Strikes heranziehen, die auf Anfrage von netzpolitik offengelegt wurden. Ebenfalls kann man als Argumentationsbasis die sechs Richtlinien der amerikanischen FCC zur Netzneutralität einfließen lassen, die Telemedicus hier erläutert..
netzpolitik.org berichtet gerade, daß eine Nachverhandlung zum Netzneutralitäts-Paragraphen nicht stattfinden wird. Vielleicht hätte man den Politikern Managerposten bei AT&T versprechen sollen.
Macht was, bevor man euch den Hahn zudreht!
Update: Ein Schlaglicht auf den Lobbyismus wirft ein Artikel, der zeigt, wie die Wirtschaft ihre Politiker belohnt.
Update 2: Ach ja, liebe PiratInnen. Wo seid IHR eigentlich als Speerspitze der Internetfreiheit? Uninteressant, da man sich vorrangig während der Bundestagswahl gegenüber anderen Parteien abgrenzt? Willkommen im Club der arrivierten Parteien.
"Sehr geehrter Herr XY,
leider ist es uns nicht möglich, die Transportkapazität der Wasserleitungen so zu erweitern, daß Sie ebenfalls an der Trinkwasserversorgung angeschlossen bleiben können. Wir bitten um Ihr Verständnis, daß die Versorgung der Industrie Vorrang hat. Wir bieten Ihnen im Gegenzug an, daß Sie nach dem Abstellen der Wasserzufuhr im Juni 2010 montags und freitags sich 1.5 l Flaschen Evian im Rathaus (Volvic-Flügel, 2. UG, Zi 418) abholen können. Andere Marken sind von der Lieferung aufgrund der Vereinbarungen mit Danone ausgeschlossen.
Mit freundlichen Grüßen
Ihre XX"
Zum einen gibt es eine Online-Petition, die man unterzeichnen kann. So richtig zufrieden bin ich mit dieser nicht, weil sie anfragt statt zu fordern und wir wissen, welchen Einfluß derartige Petitionen auf die politische Meinungsbildung der von den Leyens haben. Andererseits bieten viele Unterschriften Argumentationshilfen für gewillte Politiker und man sieht, wievielen Leuten tatsächlich solche Themen wichtig sind.
Angelika Niebler (CDU)
Silvana Koch-Mehrin (FDP)
Herbert Reul (CDU)
Die darf man gerne anschreiben und Ihnen verdeutlichen, wie wichtig der freie Informationszugang für uns Europäer und die demokratischen Prozesse sind. Als Argumentationshilfe kann man die offiziellen Parteipositionen von FDP, SPD und CDU zu Netzneutralität und Three Strikes heranziehen, die auf Anfrage von netzpolitik offengelegt wurden. Ebenfalls kann man als Argumentationsbasis die sechs Richtlinien der amerikanischen FCC zur Netzneutralität einfließen lassen, die Telemedicus hier erläutert..
netzpolitik.org berichtet gerade, daß eine Nachverhandlung zum Netzneutralitäts-Paragraphen nicht stattfinden wird. Vielleicht hätte man den Politikern Managerposten bei AT&T versprechen sollen.
Macht was, bevor man euch den Hahn zudreht!
Update: Ein Schlaglicht auf den Lobbyismus wirft ein Artikel, der zeigt, wie die Wirtschaft ihre Politiker belohnt.
Update 2: Ach ja, liebe PiratInnen. Wo seid IHR eigentlich als Speerspitze der Internetfreiheit? Uninteressant, da man sich vorrangig während der Bundestagswahl gegenüber anderen Parteien abgrenzt? Willkommen im Club der arrivierten Parteien.
tschill,
Donnerstag, 24. September 2009, 14:37
Ich habe die vier Abgeordenten angeschrieben. Hier der Text, den man bitte nicht einfach kopiert, sondern höchstens als Gedankenanregung benutzen sollte:
Sehr geehrter Herr Groote,
Sie sind als eine der vier deutschen Vertreter im Vermittlungsausschuß zum EU Telekom-Paket benannt worden. In dieser Eigenschaft wende ich mich heute an Sie. Mit Sorge betrachte ich, wie sich die Netzpolitik in Europa gegenteilig zu jener der USA entwickelt. Während Barack Obama die Netzneutralität entsprechend der Vorschläge der FCC (http://telemedicus.info/article/1503-Die-FCC-skizziert-Regeln-zur-Netzneutralitaet.html) gesetzlich verankern wird, wurde im zweiten Vermittlungsausschuß die Netzneutralität ausgehebelt. Honi soit qui mal y pense (http://www.iptegrity.com/index.php?option=com_content&task=view&id=410&Itemid=9).
Ich arbeite als Wissenschaftler, ein freier Informationszugang ist essentiell für den wissenschaftlichen Fortschritt. Aber auch als demokratisches Medium, für die Diskussion politischer Konzepte und die transparente Kontrolle politischer Entscheidungsfindungsprozesse auf nationaler und europäischer Ebene ist ein freier Zugang zu allen Informationen, ungehindert von wirtschaftlichen Interessen der Internetanbieter, von enormer Bedeutung. Nicht zu vergessen, daß die Gruppenintelligenz des Internets ein entscheidender Wirtschaftsmotor im vergangenen Jahrzehnt war.
Ich bitte Sie, sich dafür einzusetzen, daß im Vermittlungsausschuß nicht nur der Änderungsantrag 138 bearbeitet wird, sondern auch die Bestimmungen zur Abschaffung der Netzneutralität aus dem zweiten Vermittlungsausschuß einer Revision unterzogen werden. Ebenfalls fordere ich Sie dazu auf, sich gegen eine Einführung des Three Strikes Modells nach französichem Vorbild einzusetzen.
Dies ist auch in Übereinstimmung mit der offiziellen Position Ihrer Partei, die sich auf Anfrage von markus (http://www.netzpolitik.org/2009/antworten-der-parteien-zur-netzpolitik/) wie folgt geäußert hat:
Die SPD wird sich sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene für den Erhalt der Netzneutralität einsetzen.
Die entsprechende Position ihrer Partei zur Three Strikes Regelung nach französischem Vorbild lautet:
Restriktive Modelle, die den Zugang zur digitalen Welt beschränken, schränken auch Informationsrechte ein und sind praktisch kaum durchsetzbar. Eine Regelung nach dem französischen Vorbild der sogenannten Olivennes-Vereinbarung, die eine Sperrung des Internetzugangs durch den Internetdiensteanbieter bei mehrfachem Verstoß gegen das Urheberrecht vorsieht, lehnen wir jedoch ab. Sie ist (verfassungs)rechtlich zweifelhaft und praktisch nicht durchsetzbar.
Ich hoffe, daß Sie Zeit finden, meine Darlegungen zu lesen und zu durchdenken.
Für einen freien Zugang zu Informationen im Internet!
tschill,
Sonntag, 4. Oktober 2009, 13:46
Ich muß sicherlich nicht hinzufügen, daß keiner der vier Abgeordneten geantwortet hat.