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  Critics cleines Blog - wie die amerikanische Axt im Waldi
Alle Welt (i.e. die Filmnarren) ist im Banne des Unheimlichen. Ob Fantasy Film Festival oder Fright Fest – man wälzt sich lustvoll im Gedärm und verpasst dem Zombie den Blattschuß. Doch das wirkliche Grauen lauert woanders, im Realen eben. Nein, nicht im Bundestagswahlkampf, der ist dafür zu blutleer. Aber die Macht schminkt sich die Michael Myers Maske rosig und wirft mediale Kamelle unters Volk, damit man vom unschönen Treiben abgelenkt wird. Wer's nicht glaubt, kann sich mit Amerikas neuer Zeltstadtarchitektur oder den afghanischen Kindersklaven in Europa auseinandersetzen.

Doch jedes Instrument läßt sich vielseitig nutzen, erst recht etwas so Mediales wie die Medien. Belegexemplar gefällig? Das Bitfilm Festival, ein reines Internetfestival des animierten Filmes. Ohne Fachjury, nur mit Zuschauerabstimmung. In den meisten Kategorien, in die ich nur mal reingeschnuppert habe, köchelt man doch sehr im eigenen Sud. Bei der 3D Abteilung legt man mehr Wert auf Texturen als auf eine Drehbuchgestaltung, bei Machinima sucht man beständig die Befehlsleiste, um endlich das Geschick der Figuren beeinflussen zu können, und im FX Mix hat man den Eindruck, Svankmajr und Paik würden ein Musikvideo drehen. Ohne nachgedacht zu haben.

Jedoch die Untersektion Politicool weiß zu gefallen. Da wird eine Werbung für das Reiseland Ägypten umgearbeitet, wodurch das erzwungene Bekenntnis zu einer der drei staatlich anerkannten Religionen anprangert wird. Wohlgemerkt angefertigt von einem muslimischen Netzwerk. Zwei Beiträge beschäftigen sich mit der politischen Situation im Iran und spiegeln so die außerordentlich hohe Beteiligung iranischer Menschen im WWW wider. Die Beiträge Du bist ein Terrorist (in Deutschland sicherlich schon aus diversen Blogeinträgen bekannt) und Democracy is... befragen die gegenwärtige Aushöhlung der demokratischen Prinzipien durch die aktuelle Politik. Ahmed and Salim packen den terroristischen Irrsinn in eine Sitcomumgebung. Am besten funktionieren die Witze, wenn das moderne Lebensverständnis der Jugendlichen gegen die mörderische Ideologie ins Feld geführt wird. Bevor sich hier Bedenkenträger melden – ja, ich denke, daß Satire einseitig argumentieren darf. Schlimmer ist hingegen, daß schon nach einigen Episoden die Konstellation nicht mehr viel Neues hergibt.


Im ganzen Wettbewerb ist jedoch am interessantesten der spanische Beitrag Bendito Machine III. Die anderen beiden Teile kann man sich auf der Homepage von Bendito Machine ansehen. Die Kurzfilme verrmitteln das Unbehagen gegenüber der postindustriellen Moderne, beschreiben die Macht der Medien und der Ökonomie, ohne explizit über derlei Mechanismen belehren zu wollen. Die Verfremdung wirkt kleine Wunder der Verunsicherung, kann man das Geschehen doch nicht vollständig rational erfassen. Hierin ähnelt die erzählerische Konstruktion sehr Jim Woodrings Frank, der ebenfalls einer alptraumhaften Logik folgt. Der Animationsstil von Bendito Machine unterstützt ausgeklügelt die Diskrepanz von Moderne und Archaik, erinnert er doch nicht nur an die Scherenschnittfilme Anfang des vergangenen Jahrhunderts, sondern in seinen Bewegungs- abläufen auch an indonesische Wayang Kulit Aufführungen.

Also ein rundum gelungenes Projekt, dem man ohne Reue seine Stimme beim Bitfilmwettbewerb schenken darf. Von der Attitüde des Bendito Machine Projektes könnten sich die meisten Horrorfilme des FFF ruhig mal eine Scheibe abschneiden. Wobei es zumindest bei Filmen wie Pontypool dahingehend vielversprechende Ansätze gibt. Doch davon später mehr.

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