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  Critics cleines Blog - wie die amerikanische Axt im Waldi
Unsere Mediengesellschaft ist das genaue Gegenteil dessen, was ihr Name so vollmundig verspricht. Es gibt keine Ursachen und Wirkungen mehr im gesellschaftlichen Prozeß, die zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen mediiert werden müßten, sondern die politischen und wirtschaftlichen Akteure handeln unabhängig von der gesellschaftlichen Repräsentation der Themen nach ihrem Gusto. Mit den Konsequenzen müssen dann wiederum alle Einwohner des Landes leben. Ein feines Beispiel ist dafür der Einbruch der Realwirtschaft durch das privatisierte Ausbluten der Finanzwirtschaft.
Die Medien hingegen, da sie ihrer Funktion als Kontroll- und Informationsmedium nicht mehr nachkommen (sollen), üben sich gemäß Paul Virilios Beobachtung im rasenden Stillstand. Eine endlose Reihe von Säuen wird durch das globale Dorf getrieben und wir klicken auf Fernbedienungen und Computertastaturen rum, bis uns die Finger bluten und wir in Dezerebrationsstarre verfallen.

Erinnert sich zum Beispiel noch jemand an diesen Artikel aus der Süddeutschen Zeitung? Zwei Tage lang geisterte das Thema Gorleben aufgeregt durch die vorwahlkampflichen Überschriften, dann war es plötzlich wieder verschwunden. Warum? Kein Interesse mehr an den Verwicklungen von Merkels Ziehvater Kohl und der CDU bei der politischen Beeinflussung „wissenschaftlicher“ Ergebnisse? Was ist seither an Aufklärungsarbeit passiert, wo doch laut Handelsblatt Frau Merkel nicht nur einfach interessiert, sondern gleich alarmiert war ob des verfälschten Berichtes? Sie hätte auch allen Grund alarmiert zu sein, weil laut Greenpeace ihr spätestens seit 1996 bekannt war, dass Gorleben, Asse und Morsleben keine geeigneten Endlager sind. Aber hat das irgendwen gestört? Offenbar nicht, wenn man das Wahlergebnis betrachtet.

Ein Grund für die fehlenden Konsequenzen ist natürlich das Nachlassen der Medienpräsenz. Es muß schließlich das nächste explodierte Silikonimplantat durchgehechelt werden oder man muß Platz für Diskussionen schaffen, warum es keine Alternative dazu gibt, Milliarden ins Finanzsystem zu pumpen, weshalb leider kein Geld für Entwicklungshilfe und Bildungsausgaben bleibt.
Ein anderer Grund ist das kurzfristige Taktieren der Berufspolitiker. Sigmar Gabriel, der im September 2009 Gorleben in den Schlagzeilen hielt, soll nicht gewusst haben, was die SPD-nahe Süddeutsche Zeitung da rumliegen hat? Und rein zufällig kommt das wenige Wochen vor der Wahl ans Tageslicht? Daß ich nicht lache. Als die Attacke nicht die gewünschte Wirkung zeigte, wurde die Strategie wieder fallengelassen. Gabriel, als Bundesumweltminister wohlgemerkt, zeigte kein substantielles Interesse an dem Thema, sondern nur soviel, wie zur Stabilisierung seiner politischen Position notwendig schien. Die SPD hat jetzt die Führung, die sie verdient.

Nicht der einzige Mangel an strategischem Denken in puncto Gorleben. Ich will gar nicht groß darauf eingehen, ob das Endlager in Gorleben nur schlampig betrieben wird oder prinzipiell ungeeignet ist. Ein Blick auf die Landkarte offenbart weitere Denkdefizite. Huch, da ist ja ein Naturschutzpark. Und ein Fluß. Wie heißt der denn? Elbe? Noch nie gehört. Wen stört schon, wenn radioaktiver Müll ins Grundwasser sickert und dann so ein kleines lokales Flüsschen erreicht.

Auch sehr gefällt mir diese kleine Landkarte auf wikipedia. Ok, wir malen in Gedanken jetzt die Grenzen von BRD und DDR ein. Na so ein Zufall. Nicht nur, daß sich das Endlager am Rande der BRD befindet, nein, es befindet sich auch noch am weitestmöglichen Punkt im Gebiet der ehemaligen DDR. Da waren den Herren Kohl und Co die lieben Brüder und Schwestern aber wirklich nah am Herzen, daß sie sie mit ihrem Atommüll versorgen wollten. Dies impliziert auch eine interessante Sicht auf ihren ständig offensiv vor sich hergetragenen Willen zur Wiedervereinigung. Tja, man sollte mit seinen Wünschen vorsichtig sein, sie können Realität werden. Und dann hat man das Endlager mitten in Deutschland.

Aber wo bleibt das Positive, fragt der geneigte Leser? Ich denke, zu dieser Frage kann ich nur antworten: „Im Jahr 1953.“ Schönen guten Abend.


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jean stubenzweig, Sonntag, 13. Dezember 2009, 01:19
Auf den Gedanken der Nähe zur DDR wäre ich nicht gekommen. Nun aber bin ich schwer am Grübeln.